Persönliche Erklärung: Gesetzentwurf zur Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten
Die von der Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD geplante Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte um zwei Jahre bedeutet eine massive Verschärfung der Migrationspolitik. Ich bezweifle sehr stark, dass die Bundesregierung damit ihre Ziele erreicht, die illegale Migration zu regulieren und die Kommunen finanziell zu entlasten. Denn mit der Aussetzung des Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte schließt die Bundesregierung einen der wenigen noch vorhandenen legalen Zuwanderungswege. Gleichzeitig betrifft die Regelung weniger als 12.000 Angehörige pro Jahr, die meisten davon Frauen und Kinder (ca. 80 Prozent). Besonders grausam daran: Da die Bundesregierung weder einen Stichtag noch eine Übergangsregelung plant, müssen auch Menschen, die schon fast alle Stufen des bisherigen Nachzugsverfahrens durchlaufen haben, wieder bei ganz von vorne beginnen.
Wer mit Schutzstatus in Deutschland lebt, während seine engsten Vertrauten – Eltern, Ehefrau, Kinder – weiterhin in Unsicherheit, in Konflikten und Terror, in Angst und Schrecken, in Hunger und Armut leben müssen, ist einer massiven emotionalen Belastung ausgesetzt. Nicht nur dauerhaft getrennt zu leben von den engsten Vertrauten, sondern sie auch ihrem Schicksal überlassen zu müssen, empfinde ich als kaltherzig, empathielos und ist für mich als Familienmensch unvorstellbar. Sich in dieser grausamen Situation aktiv in unsere Gesellschaft zu integrieren, die Sprache zu lernen, neue soziale Kontakte zu knüpfen und seine Energie für die neue Heimat einzusetzen, ist fernab jeder Realität. Nur, wer für sich selbst eine Zukunftsperspektive sieht, ist auch bereit, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Den Familiennachzug auszusetzen, widerstrebt zutiefst allen Werten, für die ich stehe und für die ich mich einsetze. Familien gehören immer zusammen. Das ist ein Grundrecht und kein Gnadenakt.
Dieser Gesetzentwurf ist reine Symbolpolitik, integrationspolitisch unverantwortlich und menschlich untragbar. Deswegen lehne ich die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte entschieden ab. Statt neue Hürden zu errichten, brauchen wir schnellere Visumsverfahren, mehr Unterstützung und eine klare Botschaft: Integration gelingt nur gemeinsam. Ich fordere, dass die Familiennachzugsverfahren von subsidiär Geschützten mit denen von anerkannten Flüchtlingen nach der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt werden.
Stefan Schmidt, MdB