Nachhaltiger Tourismus: Was können Zertifikate leisten?

Nachhaltiger Tourismus: Was können Zertifikate leisten?

 

Der Tourismus im In- und Ausland muss nachhaltiger werden. Viel zu häufig gehen vom Tourismus hohe Belastungen für die Umwelt und schlechte Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten aus. Beim Auslandstourismus können sogar die Menschenrechte tangiert sein. Nachhaltigkeits-Zertifikate können helfen, Transparenz in die Branche und in verschiedene Angebote der Branche zu bringen, Entwicklungen nachzuvollziehen und Privatreisenden wie auch Unternehmen Entscheidungen für Dienstreisen zu vereinfachen. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte im September 2022 Fachleute zu einem Gespräch geladen. Hier ein kurzer Rückblick.

Herausforderungen an ein nachhaltiges Reisen

Mit dem Reisen sind oftmals hohe Energieverbräuche und große Treibhausgasemissionen verbunden. Dies gilt insbesondere für Flug- und Schiffsreisen. Weitere Belastungen können von der Ernährung auf Reisen ausgehen (z.B. hoher Fleischanteil in Restaurants, Lebensmittelverschwendung durch Büffets). Hinzukommen können Flächenkonflikte mit dem Naturschutz und der einheimischen Bevölkerung oder schlechte Arbeitsbedingungen in der Hotellerie und Gastronomie.

Derzeitige Zertifizierungen - Problematik

Es gibt bislang ein breites, unübersichtliches Angebot an Zertifikaten (es wurde die Anzahl von 43 bestehenden Zertifikaten genannt). Meist beschränken sich diese auf unterschiedliche ökologische Kriterien und die Vorgaben, nach denen die Zertifikate ausgestellt werden, bleiben oftmals intransparent. Selbst Reisevermittler können die Angebote meist kaum bewerten und ihre Kundschaft daher nicht umfassend beraten. Dadurch entsteht ein Informationsdefizit: Immer mehr Privatreisende legen Wert darauf, Belastungen durch ihre Reisen zu minimieren. Auch Unternehmen haben sich immer häufiger anspruchsvollen Klimazielen verpflichtet, die sich auch auf die Geschäftsreisen auswirken müssen.

Anforderungen und Chancen durch Zertifizierungen

Die Fachleute waren sich im Gespräch einig: Zertifikate müssen wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen (bspw. dem 1,5 Grad-Ziel) und den Markt durchdringen, also in der Branche verbreitet sein und in der Öffentlichkeit einen gewissen Bekanntheitsgrad haben. Sie müssen ehrgeizige Ziele verfolgen, indem sie Ansprüche an eine umfassende Nachhaltigkeit stellen (bspw. Klimaschutz, Biodiversität, Arbeitsbedingungen). Dazu müssen die Kriterien messbar und überprüfbar sein. Benchmarks müssen möglich sein. Durchaus im Widerspruch zu den Ansprüchen an ein Zertifikatsystem kann stehen, dass die Zertifikate verstanden werden müssen und dafür nicht zu viele Bewertungsaspekte enthalten sollten. An Zertifikate müssen Mindest- und Ausschlusskriterien gestellt werden. Die Idee einer staatlichen Dachmarke für die Tourismusbranche – ähnlich wie beispielsweise das Biosiegel in der Lebensmittelbranche – kam bei den Fachleuten gut an. Diese könnte sich etwa an den Kriterien des Global Sustainable Tourism Council (GSTC) orientieren und einen hohen Mindeststandard sichern.

14.10.2022

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