Offene Antwort auf den offenen Brief von Regensburger Gastronom*innen
Offene Antwort auf Ihren offenen Brief vom 26.06.2023 – „Dringendes Anliegen der Regensburger Gastronomen an Bundestagsabgeordneten Stefan Schmidt: „Wir brauchen dringend eine Entfristung der reduzierten Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie“
Sehr geehrter Herr Huynh, lieber Phuc,
sehr geehrte Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefes,
vielen Dank für Ihren offenen Brief vom 26. Juni 2023 zur Forderung nach einer Entfristung der reduzierten Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie. Mit Verwunderung habe ich ihn zur Kenntnis genommen. Verwundert war ich nicht nur deshalb, weil mich der Brief nur einen Tag vor meinem Besuch bei der DEHOGA Oberpfalz anlässlich des „Oberpfälzer Powertag“ am 27. Juni erreicht hat, wo wir Gelegenheit zum persönlichen Austausch zur Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie hatten. Ich war auch deshalb verwundert, weil ich in Ihrem Brief einige Verkürzungen und falsche Behauptungen gefunden habe, die ich in meinem Antwortschreiben gerne berichtigen möchte.
Ich kann Ihre Sorgen, Bedenken und Ängste nachvollziehen, die Sie angesichts der auslaufenden Steuerreduzierung haben. Als Tourismuspolitiker liegt mir das Wohl und die Zukunftsfähigkeit der Betriebe sehr am Herzen. Erfolgreicher Tourismus in Deutschland und in Bayern, insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen, sind eine der Motivationen meiner tourismuspolitischen Arbeit. Entsprechend richtig und wichtig war es mir, während der Krisenzeit der Corona-Pandemie und der explodierenden Preise für Energie und Lebensmittel die Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie auf 7 Prozent zu reduzieren. Damit haben wir die Unternehmen gezielt gestärkt. Ich sehe auch, dass es durchaus Argumente gibt, die dafür sprechen, Essen in der Gastronomie dauerhaft mit dem reduzierten Satz zu besteuern. Vor allem mit Blick auf Restaurants und Wirtshäuser außerhalb der Tourismus-Hotspots: Ein attraktives Reiseziel braucht eine gute Versorgung mit Gastronomie vor Ort und dabei hilft auch eine dauerhaft reduzierte Steuer.
Das habe ich in aller Ausdrücklichkeit auch in meiner Bundestagsrede im März 2023 zu einem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion deutlich gemacht.(1) Die Rede, auf die Sie in Ihrem offenen Brief teilweise eingehen. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie meine vollständige Rede zur Kenntnis genommen hätten.
Gleichzeitig spreche ich mich in eben dieser Rede entgegen Ihrer Darstellung nicht dafür aus, die Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie auf 19 Prozent zu erhöhen. Ich stelle lediglich infrage, ob es geboten ist, auf die Steuereinnahmen in Höhe von ca. 3,3 Milliarden Euro pro Jahr – die sich Bund und Länder etwa hälftig teilen – zu verzichten und ob wir uns das leisten können. Angesichts der angespannten Haushaltslage und der Entscheidung von Bundesfinanzminister Christian Lindner, an der Schuldenbremse festzuhalten, sind diese Fragen meiner Ansicht nach mehr als berechtigt. In der Rede zeige ich mich ausdrücklich offen dafür, die reduzierte Mehrwertsteuer zu verlängern, sofern wir die wichtigsten Projekte finanziert bekommen und Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.
Dass Ihre Unternehmen infolge der Corona-Pandemie, der Mindestlohnerhöhung und der steigenden Energie- und Lebensmittelpreise mit Kostensteigerungen konfrontiert waren und sind, weiß ich. Ich sehe auch ein, dass das Auslaufen der reduzierten Mehrwertsteuer zum Jahresende zu weiteren Kostensteigerungen für Ihre Gäste führen würde. Das finde ich sehr bedauerlich. Gleichzeitig möchte ich daran erinnern, dass die Bundesregierung infolge der Corona-Pandemie und der Folgen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zusätzlich zur reduzierten Mehrwertsteuer für die Speisegastronomie Kredite und Hilfspakete in Höhe von mehreren hundert Milliarden Euro an Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger verteilt hat, u.a. in Form von Energiepreisbremsen oder der Abschaffung der EEG-Umlage. Andere EU-Länder mögen einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für die Speisegastronomie haben – Hilfen in diesem Umfang hat aber kein anderes EU-Land seinen Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung hatte und hat die schwierige Situation der Unternehmen inkl. der (Speise-)Gastronomie sehr wohl im Blick!
An dieser Stelle möchte ich zwei Falschbehauptungen in Ihrem Schreiben richtigstellen:
1. Die Mindestlohnkommission hat am 26. Juni empfohlen, den Mindestlohn zum 1.1.24 auf 12,41 Euro und zum 1.1.25 auf 12,82 Euro anzuheben. Es ist gut, dass diese Empfehlung frühzeitig gemacht wurde. So haben die Unternehmen und die Beschäftigten Planungssicherheit und können sich rechtzeitig darauf einstellen. Ernsthafte Diskussionen über eine Mindestlohnerhöhung auf 14-15 Euro hingegen kenne ich nicht.
2. Dass der Preis für ein Bier bald auf mindestens 8 Euro klettern könnte, wie Sie in Ihrem Brief schreiben, kann nicht an der auslaufenden reduzierten Mehrwertsteuer liegen. Denn für Bier wird bereits der reguläre Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erhoben.
Eine finale Entscheidung zur Mehrwertsteuer in der Speisegastronomie wird es voraussichtlich schon nächste Woche geben, wenn das Kabinett den Haushaltsentwurf für 2024 beschließen wird. Ich kann nur hoffen, dass die Entscheidung dann final getroffen wird, damit Sie frühzeitig Planungssicherheit für das kommende Jahr haben.
Zum Schluss meines Briefes möchte ich auf einen Punkt eingehen, der mir persönlich sehr wichtig ist: Ich nehme die Ängste und Sorgen der Menschen und Unternehmen in meinem Wahlkreis sehr ernst. Ich bemühe mich sehr, Mails und Anfragen zeitnah und umfassend zu beantworten. Für persönliche Gespräche stehe ich regelmäßig zur Verfügung. Erst am Abend des 26. Juni habe ich eine Bürgersprechstunde in meinem Wahlkreisbüro in Regensburg angeboten, zu der ich breit auf meinen Social-Media-Kanälen und auf meiner Homepage eingeladen habe. Dem persönlichen Gespräch beim „Oberpfälzer Powertag“ habe ich mich gerne gestellt – wohlwissend, dass es nicht einfach werden würde.
Daher bitte ich Sie: Sollten Sie künftig Anliegen an mich oder Gesprächsbedarf haben, freue ich mich, wenn Sie den direkten Draht und das persönliche Gespräch suchen. Dafür stehe ich jederzeit gerne bereit. Und ich wünsche ihn mir sogar ausdrücklich! Der weitere Umgang mit der Mehrwertsteuer ist eine wichtige Entscheidung für die Gastronomie, keine Frage. Aber auch andere Felder, die ich in meiner Rede beim „Oberpfälzer Powertag“ angerissen habe, erscheinen mir wichtig für die Erörterung mit den betroffenen Unternehmen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeits- und Fachkräftesicherung und den Bürokratieabbau.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schmidt, MdB
(1) siehe: https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/umsatzsteuergesetz